Text Box: 60. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskonvention: Internationaler Tag gegen Homophobie

60. Jahrestag der Europäischen

Menschenrechtskonvention: Internationaler Tag gegen Homophobie

Thorbjørn Jagland : Die Regierungen Europasbenötigen politischen Willen, um die Homophobie zu beenden

Thorbjørn Jagland, Generalsekretär des Europarats, wird den Internationalen Tag gegen Homophobie (17. Mai) mit dem Aufruf der Organisation an die 47 Mitgliedsstaaten unterstreichen, ihren politischen Willen für die Bekämpfung der Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) unter Beweis zu stellen.

„Obwohl die Homosexualität in ganz Europa entkriminalisiert wurde, bestehen nach wie vor Vorurteile", sagt Herr Jagland. „Nur eine konstruktive Debatte innerhalb der Gesellschaften wird ermöglichen, dass die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität der Vergangenheit angehört”, erklärte er.

Im März dieses Jahres war der Europarat die erste Organisation auf der Welt, die einen Rechtstext verabschiedete, der speziell der Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität gewidmet ist. Der Text fordert die Staaten auf, sich die Fälle von Diskriminierungen von LGBT-Menschen anzuschauen, konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung zu ergreifen, die Respektierung von LGBT-Menschen sicherzustellen, die Toleranz ihnen gegenüber zu fördern und zu gewährleisten, dass Opfer Zugang zu Rechtsmitteln erhalten.

Der Gerichtshof für Menschenrechte des Europarats ist durch eine Reihe von Grundsatzentscheidungen, u.a. das Recht auf Dienst beim Militär, Anfechtungen von Gesetzen zur Einwilligung zu sexuellen Handlungen und Rechte auf Sorgerecht, zu einem wichtigen Akteur bei der Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität geworden.

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Hinweis für die Redakteure: Auswahl relevanter Entscheidungen des Gerichtshofs

Karner gegen Österreich (24. Juli 2003)

Siegmund Karner erhob Beschwerde gegen das Urteil österreichischer Gerichte, dass das Eintrittsrecht eines Familienangehörigen in einen Mietvertrag bei homosexuellen Beziehungen keine Anwendung findet.

Verletzung von Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens)

Norris gegen Irland (26. Oktober 1988)

David Norris erhob Beschwerde gegen existierende Gesetze in Irland, welche bestimmte homosexuelle Praktiken zwischen einwilligenden erwachsenen Männern zu Straftaten erklärten.

Verletzung von Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privatlebens)

Bączkowski und andere gegen Polen (3. Mai 2007)

Bei den Beschwerdeführern handelte es sich um die Stiftung für Gleichberechtigung (Fundacja Równości) und fünf ihrer Mitglieder, die darüber hinaus auch Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen waren, die sich für die Belange von Menschen mit homosexueller Orientierung einsetzten.  Sie erhoben u.a. Beschwerde gegen die Weigerung des örtlichen Bürgermeisters, ihnen im Rahmen der Kampagne „Tage der Gleichberechtigung" einen Umzug auf den Straßen von Warschau zu gestatten.

Verletzung von Artikel 11 (Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit)

Verletzung von Artikel 13 (Recht auf wirksame Beschwerde)

Verletzung von Artikel 14 (Diskriminierungsverbot)

EB gegen Frankreich (22. Januar 2008)

Die Beschwerde bezog sich auf die Weigerung der französischen Behörden, dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Adoption eines Kindes zuzustimmen,

mutmaßlich aufgrund ihrer sexuellen Orientierung.

Verletzung von Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens)

Smith und Grady gegen Großbritannien (27. September 1999)

Die Beschwerdeführer behaupteten, die Untersuchungen im Hinblick auf ihre sexuelle Orientierung und ihre anschließende Entlassung aus der Royal Air Force mit der alleinigen Begründung, sie seien homosexuell, gemäß der Richtlinie gegen Homosexuelle in den britischen Streitkräften des Verteidigungsministeriums, verletze ihr Recht auf Achtung ihres Privatlebens.

Verletzung von Artikel 8

Verletzung von Artikel 13

Salgueiro da Silva Mouta gegen Portugal (21. März 2000)

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde gegen die Entscheidung des Lissaboner Berufungsgerichts, seiner Exfrau, und nicht ihm, das Sorgerecht für ihre Tochter M. zu übertragen, allein mit der Begründung seiner sexuellen Orientierung.

Verletzung von Artikel 8 der Konvention in Verbindung mit Artikel 14.

L. und V. gegen Österreich (9. Januar 2003)

Der Beschwerdeführer beschwerte sich über die Aufrechterhaltung von Artikel 209 des Strafgesetzbuchs, der homosexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern und einwilligenden Heranwachsenden im Alter von 14 bis 18 Jahren unter Strafe stellte sowie über seine diesbezüglichen Verurteilungen gemäß dieser Bestimmung. Er behauptete, sein Recht auf Achtung seines Privatlebens sei verletzt worden und dass die strittige Bestimmung diskriminierend sei, da heterosexuelle oder lesbische Beziehungen zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden derselben Altersspanne nicht strafbar seien.

Der Gerichtshof erklärte, es habe eine Verletzung von Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 8 stattgefunden, da die Regierung keine überzeugenden und gewichtigen Gründe anführen konnte, welche die Aufrechterhaltung von Artikel 209 des Strafgesetzbuches und daraus folgernd der Verurteilungen des Beschwerdeführers rechtfertigten.

Kozak gegen Polen (20. März 2010)

Verletzung der Konvention aufgrund der Weigerung, einem Homosexuellen nach dem Tod seines Partners das Eintrittsrecht in einem Mietvertrag zu gewähren.

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