Text Box: Die Türkei und der Europarat

Die Türkei und der Europarat

Eckdaten

  • Am 9. August 1949 wurde die Türkei 12. Mitglied des Europarates.
  • Die Türkei hat 98 Konventionen des Europarates ratifiziert und weitere 40 noch zur Ratifizierung ausstehende Konventionen gezeichnet.
  • Am 18. Mai 1954 hat die Türkei die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert.
  • Die Türkei hat vom 10. November 2010 bis zum 11. Mai 2011 den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates.

Zusammenfassung

Zu den wichtigsten Zielen des Europarates, der ältesten paneuropäischen Organisation, gehören der Schutz der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie sowie die Verteidigung eines gemeinsamen kulturellen Erbes. Des Weiteren löst die Organisation Probleme im Zusammenhang mit Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, sozialer Ausgrenzung, der Umwelt und sozialer Sicherheit. Der Europarat besteht aus 47 Mitgliedsstaaten. Er hat mehr als 200 Konventionen verfasst, von denen in ganz Europa eine große Anzahl im nationalen Recht verankert wurde.

Als Gründungsmitglied des Europarates mit einer entscheidenden politischen Rolle in der Architektur Europas hat sich die Türkei während der letzten 61 Jahre aktiv an allen Maßnahmen der Organisation beteiligt.

Das Entscheidungsorgan des Europarates, das Ministerkomitee, besteht aus den Außenministern und ihren Ständigen Vertretern, bei denen es sich üblicherweise um in Straßburg ansässige Botschafter handelt. Jeder Außenminister übernimmt für eine Amtszeit von sechs Monaten den Vorsitz im Ministerkomitee und übergibt ihn im Mai und im November. Der Wechsel im Vorsitz richtet sich nach der alphabetischen Reihenfolge der Ländernamen auf Englisch. Momentan vertritt Außenminister Ahmed Davutoğlu die Türkei im Ministerkomitee. Botschafter Daryal Batıbay ist seit März 2004 Ständiger Vertreter der Türkei beim Europarat. Am 10. November 2010 hat die Türkei für einen Zeitraum von sechs Monaten den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates übernommen.

Die Türkei hat für ihren Vorsitz fünf Prioritäten vorgestellt:

·         Reform des Europarates,

·         Reform des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte,

·         Stärkung der unabhängigen Monitoring-Mechanismen,

·         Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK),

·         Herausforderungen multikultureller europäischer Gesellschaften.

Das Ministerkomitee verabschiedet Konventionen, gibt den Mitgliedsstaaten Empfehlungen und überwacht die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Gemeinsam mit der Parlamentarischen Versammlung schützt das Ministerkomitee die grundlegenden Werte des Europarates und überprüft die Mitgliedsstaaten auf Einhaltung ihrer Verpflichtungen.

Nachdem die Konventionen vom Ministerkomitee verabschiedet wurden, werden sie zur Zeichnung durch die Mitgliedsstaaten aufgelegt. Die Ratifikation durch die Staaten lässt die Konventionen rechtsverbindlich werden. Der letzte durch die Türkei ratifizierte Vertrag war das Protokoll Nr. 14 zur Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten zur Ergänzung des Kontrollsystems der Konvention.

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) besteht aus Vertretern der nationalen Parlamente der 47 Mitgliedsstaaten. Die von der PACE verabschiedeten Texte – Empfehlungen, Entschließungen und Stellungnahmen – dienen dem Ministerkomitee, nationalen Regierungen, Parlamenten und politischen Parteien als Richtlinien. Jedes Jahr finden für jeweils eine Woche vier Sitzungen der PACE statt.

Am 24. Januar 2011 wurde Mevlüt Çavuşoğlu (EDG) als Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates wiedergewählt. Die Delegation der Türkei in der Parlamentarischen Versammlung besteht aus 12 Mitgliedern und 12 Stellvertretern. Delegationsleiter ist derzeit Erol Aslan Cebeci (EPP/CD). Die türkischen Mitglieder der PACE werden von den Abgeordneten der Großen Nationalversammlung der Türkei gewählt.

Die Türkei ist mit einer Delegation von 12 Mitgliedern und 12 Stellvertretern im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates vertreten. Delegationsleiterin ist zurzeit Gaye Doğanoğlu (EPP/CD). Sie ist außerdem Stellvertretende Präsidentin des Kongresses und Stellvertretende Präsidentin der Kammer der Gemeinden.

Der Generalsekretär des Europarates – momentan Thorbjørn Jagland aus Norwegen – wird für einen Zeitraum von fünf Jahren gewählt und ist verantwortlich für die strategische Planung, die Verwaltung des Tätigkeitsprogramms und den Haushalt der Organisation. Der Haushalt des Europarates für das Jahr 2010 beläuft sich auf € 218 Millionen. Die Türkei hat einen Beitrag von 7 845 143 Euro geleistet; dies entspricht 3,71% des Gesamtbetrags.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gewährleistet, dass alle Staaten, die die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert haben bzw. alle Mitgliedsstaaten, ihre Verpflichtungen einhalten. Der Gerichtshof stellt sicher, dass die Mitgliedsländer die grundlegenden Menschenrechte und Grundfreiheiten der Konvention achten. Durch ihn werden eingereichte Beschwerden Einzelner oder von Staaten untersucht. Wird festgestellt, dass ein Mitgliedsstaat ein Recht verletzt hat, fällt der Gerichtshof ein bindendes Urteil. Der Gerichtshof setzt sich aus 47 Richtern zusammen, die von der PACE für jedes Mitgliedsland gewählt werden. Die für die Türkei gewählte Richterin ist Işıl Karakaş, die ihr Amt im Mai 2008 angetreten hat. Die am 4. November 1950 in Rom zur Zeichnung aufgelegte Europäische Menschenrechtskonvention wurde am selben Tag von der Türkei gezeichnet und am 18. Mai 1954 ratifiziert.

Am 31. Dezember 2010 lagen dem Gerichtshof 15 200 anhängige Beschwerden gegen die Türkei vor (10,9 % aller anhängigen Fälle). Der Gerichtshof ist durch die Menge der Fälle (ca. 139 650 anhängige Fälle bis 31. Dezember 2010) überlastet und in seiner Wirksamkeit bedroht. (Weitere Informationen auf der Website des EGMR)

Verschiedene unabhängige Organe des Europarates überprüfen die Einhaltung der Menschenrechtsnormen der Organisation durch die Mitgliedsstaaten.

Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) besucht Haftanstalten (z. B. Gefängnisse und Jugendstrafanstalten, Zentren für illegale Einwanderer und psychiatrische Kliniken), um sich ein Bild von der Behandlung von Menschen unter Freiheitsentzug zu machen und, falls erforderlich, Empfehlungen für Verbesserungen an die Staaten zu geben. Das CPT setzt sich aus unabhängigen Experten zusammen. Das türkische Mitglied Yakin Ertürk ist Professorin für Soziologie an der Technischen Universität des Nahen Ostens. Sie ist außerdem ehemalige UN-Sonderberichterstatterin zum Thema Gewalt gegen Frauen.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) bekämpft Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz. Die ECRI ergreift alle notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt, Diskriminierung und Vorurteilen aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion und nationaler oder ethnischer Herkunft. Seit 1996 ist Gün Kut, Dozent für internationale Beziehungen, Außenpolitik und Geschichte der Diplomatie an der Boğaziç-Universität, türkisches Mitglied der ECRI.

Kontakt

Pressestelle des Europarates

Tel : +33 (0)3 88 41 25 60

Fax : +33(0)3 88 41 39 11

[email protected]

www.coe.int

Aktualisiert Updated 20.04.2011