FRÜHJAHRSTAGUNG
Malaga, 13. – 14. März 2008

Städte-Diplomatie

Empfehlung 234 (2008)[1]

1. Städte-Diplomatie ist ein Instrument der lokalen Verwaltungsstellen und ihrer Verbände zur Förderung der sozialen Kohäsion, der Konfliktprävention, der Konfliktlösung und der Post-Conflict-Lösung, mit dem Ziel, ein stabiles Umfeld zu schaffen, in der die Bürger in Frieden, Demokratie und Wohlstand leben können. Man kann sie als eine natürliche Entwicklung der Rolle der Städte als internationale Partner verstehen, denen die Werte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gemein sind. Das Anwachsen der Städte-Diplomatie-Initiativen ist ein Beleg für den einzigartigen Beitrag, den die Städte zu den Aktionen der internationalen Solidarität, der Förderung und Entwicklung des Friedens und zum Wachsen der Zivilgesellschaft leisten. In mancherlei Hinsicht wurde diese Entwicklung in erheblichem Maße durch die Konflikte, die in ganz Europa ausgebrochen sind, und die Herausforderungen einer rasanten Demokratisierung der Staaten Mittel- und Osteuropas und des Balkans gestärkt;

2. Das wachsende Bewusstsein zur Städte-Diplomatie spiegelt sich in der Organisation der Ersten Weltkonferenz über Städte-Diplomatie, mit dem Titel „Die Rolle lokaler Verwaltungsstellen bei der Konfliktprävention, dem Friedensaufbau und der Lösung von Post-Conflict-Situationen“, wider, die vom 11. ‑ 13. Juni 2008 in Den Haag, Niederlande, stattfinden wird;

3. Die Agenturen für lokale Demokratie, die auf Initiative des Kongresses des Europarats eingerichtet wurden, haben bei dieser Entwicklung eine Vorreiterrolle eingenommen, beginnend auf dem Balkan und nun im restlichen Europa;

4. Es bleibt jedoch nach wie vor schwierig, die wichtigsten Faktoren für Erfolg und Misserfolg der Städte-Diplomatie-Aktivitäten präzise zu benennen. Die Ansätze müssen jeweils an ein sich rasant veränderndes Umfeld angepasst und flexibel gestaltet werden. Die Städte-Diplomatie muss sich der konkreten Bedingungen einer Konfliktregion in umfassender Weise bewusst sein. Sie muss wissen, dass die Städte-Diplomatie eine komplexe Arbeit darstellt und immer nur andere Bemühungen ergänzt;

5. Aus diesem Grund EMPFIEHLT der Kongress,

a. unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in der Satzung des Europarats die Mitgliedstaaten betonen, dass das Streben nach Frieden auf der Grundlage von Gerechtigkeit und internationaler Kooperation Voraussetzung für die Wahrung der humanen Gesellschaft und der Zivilisation ist“;

b. unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten des Europarats Frieden als Ziel ihrer Zusammenarbeit anführten, als sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention ihren festen Glauben an die „fundamentalen Freiheiten [bestätigten], welche die Grundlage von Gerechtigkeit und Frieden in der Welt“ sind;

c. unter Berücksichtigung von Artikel 10 der Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung, welche die Rechte der lokalen Verwaltungsstellen auf Kooperation mit ihren gleichgestellten Stellen in anderen Staaten beinhaltet;

d. überzeugt von der Notwendigkeit, eine internationale Struktur zur Förderung der Städte-Diplomatie anzubieten;

e. überzeugt von der Notwendigkeit, eine europäische Struktur aufzubauen, um den Dialog zwischen den Gemeinden sehr unterschiedlicher kultureller, ethnischer, sozialer und religiöser Traditionen sowie die positive Rolle, welche die Städte-Diplomatie in dieser Hinsicht spielen kann, zu fördern;

f. in der Überzeugung, dass er die Aufgabe hat, die Nachfrage und die Angebote der Städte-Diplomatie-Initiativen zusammen mit den jeweiligen Akteuren zu koordinieren und bereitzustellen;

g. in der Überzeugung, dass er die Aufgabe hat, Erfahrungen auszuwerten, um zu erkennen, warum einige Initiativen besser funktionieren als andere;

h. im Glauben, dass die wichtigsten Werte der Städte in dieser Hinsicht ihre Erfahrungen im Bereich partizipatorischer gemeinschaftsbildender Modelle und der Entwicklung einer lebendigen lokalen Demokratie sowie ihre Fachkenntnisse sind, den Bürgern wesentliche Dienste ohne Diskriminierung in den Gebieten Gesundheitsvorsorge, Bildung und Umweltpolitik anzubieten, und dass sie damit effektive Akteure bei der Wiederherstellung lebensnotwendiger Dienste in Gebieten sein können, die sich gerade von einem Konflikt erholen;

6. Dem Ministerkomitee:

a. eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten über Städte-Diplomatie zu verfassen, welche betont, dass es ein legitimer Ausdruck europäischer Bürgerschaft ist, welche die gemeinsamen Werte Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte vertritt, und die Mitgliedstaaten aufzufordern, die Städte-Diplomatie-Initiativen als vielversprechendes Instrument zur Förderung des Friedens im allgemeinen Rahmen ihrer Außenpolitik zu unterstützen, sowohl bilateral als auch multilateral, und auch die Initiativen zur Zivilgesellschaft in dieser Hinsicht zu fördern;

b. die Rolle der Städte-Diplomatie im Hinblick auf die Entwicklung der Solidarität und des Friedens über die Grenzen Europas hinaus und insbesondere in Nachbarländern der Mitgliedstaaten des Europarates anzuerkennen;

c. die Vorreiterrolle anzuerkennen, welche die Agenturen für lokale Demokratie, die auf Initiative des Kongresses eingerichtet wurden, bei diesem Prozess spielen und sie, u.a. auch finanziell, zu unterstützen;

d. die Mitgliedstaaten an ihre Verpflichtung zu erinnern – wie in Artikel 10 der Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung festgelegt – die Freiheit der Kooperation der lokalen Verwaltungsstellen über die staatlichen Grenzen hinaus zu garantieren;

e. die Unterstützung und Förderung der Städte-Diplomatie in den wichtigsten Aktivitäten des Europarats zu berücksichtigen;

f. das Nord-Süd-Zentrum aufzufordern, seine Aktivitäten dahingehend zu entwickeln, dass diese Städte-Diplomatie-Initiativen fördern;

g. im Weißbuch, dass sie über den interkulturellen Dialog verfassen, das Potenzial der Städte-Diplomatie bei der Stärkung dieses Dialogs anzuerkennen.



[1] Diskussion und Zustimmung durch den Ständigen Ausschuss der Kammer der Gemeinden am 13. März 2008 und Annahme durch den Ständigen Ausschuss des Kongresses am 14. März 2008 (siehe Dokument CPL(14)12REC, Empfehlungsentwurf vorgelegt durch O. Van Veldhuizen (Niederlande, L, ILDG), Berichterstatter).