Kammer der Gemeinden

17. PLENARSITZUNG

CPL(17)2
3 September 2009

E-Demokratie: Chancen und Risiken für die Gemeinden

Ausschuss für Kultur und Bildung

Berichterstatter: Alison COOK, Vereinigtes Königreich (L, EVP/CD[1]) und

Etienne VAN VAERENBERGH, Belgien (L, ULDG)

A. Entschliessungsentwurf 2

B. Empfehlungsentwurf 3


A. ENTSCHLIESSUNGSENTWURF[2]

1. Die elektronische Demokratie (E-Demokratie) verwandelt die politische Landschaft in ganz Europa. Es ist eine Bewegung von unten, bei der die größte Aktivität auf lokaler Ebene stattfindet.

2. Die Technologie bietet den Gemeinden bisher unbekannte Chancen, ihre Wählerschaft zu befragen und die Wirksamkeit und Transparenz ihrer Arbeit zu verbessern. Durch die Anwendung von E-Demokratie können sie die Mitwirkung und das Wählerengagement verbessern und dadurch die Lebensqualität auf kommunaler Ebene steigern.

3. Die Bürger nutzen in immer stärkerem Maße Informations- und Kommunikationstechnologien (ICTs), um kommunale Themen zu diskutieren. Die Gemeinden haben die Pflicht, darauf zu reagieren, um sich auf dem aktuellsten Stand der Entwicklungen zu halten und neue Chancen zu nutzen, die ihnen zur Verfügung stehen.

4. E-Demokratie, obwohl sie noch in den Kinderschuhen steckt, entwickelt sich in einem rasanten Tempo. Es gibt kein vorgegebenes Modell, das angenommen werden kann, aber es wurden bereits wichtige Lektionen gelernt und es gibt klar umrissene Grundsätze, die anzuwenden sind.

5. Angesichts des Vorstehenden und unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des 2008 Forum for the Future of Democracy (Madrid, 17.-18. Oktober 2008) fordert der Kongress die Gemeinden der Mitgliedstaaten des Europarats auf:

a. E-Demokratie sowie deren gewaltiges Potenzial für die Belebung des kommunalen politischen Lebens und für die Verbesserung der Transparenz und Wirksamkeit der kommunalen politischen Leitung zu nutzen;

b. geeignete Strukturen für eine Online-Befragung zu entwerfen und Bürger und gewählte Vertreter zu ermutigen, sich online an der politischen Debatte zu lokalen Themen zu beteiligen;

c. gründlich ihre bestehenden Verfahren zu prüfen, wenn sie neue Anwendungen der E-Demokratie einführen, um zu vermeiden, veraltete Arbeitsweisen und eine veralte Kommunikation in elektronischer Form zu reproduzieren;

d. zu erwägen, den Bürgern einen Online-Zugang für ihre Vorschläge, Entscheidungen und Debatten zur Verfügung zu stellen;

e. die folgenden Schritte für die Abschaffung der digitalen Kluft zu ergreifen:

- Bereitstellung kostenloser Internetzugänge und drahtloser Übertragung an öffentlichen Plätzen;

- Angebot von Internet-Kursen und Workshops;

- Bereitstellung von Breitband-Internetzugängen im Klassenzimmer;

- Aufruf an die Lehrer, die Internetbenutzung in ihre Unterrichtsmethoden aufzunehmen und Folgendes anzubieten: geeignetes Training, wo erforderlich;

- weiterhin elektronische und nichtelektronische Ansätze miteinander zu verbinden, um parallel zum Online-Austausch ein Gefühl der Ausgrenzung und Entfremdung bei jenen zu vermeiden, die weniger mit ICTs vertraut sind; garantierte Bereitstellung von Einrichtungen für öffentliche Treffen und Debatten;

- Veröffentlichung eines Ratgebers über gute Praxis der regionalen und kommunalen Stellen in diesem Bereich.

f. sicherzustellen, dass E-Demokratie-Anwendungen die individuelle Privatsphäre respektieren und dass die Benutzer informiert werden, wenn Benutzerdaten einem Dritten bekannt gegeben werden;

g. die Europäische Woche der lokalen Demokratie zu nutzen, um neue E-Demokratie-Initiativen zu fördern;

h. die Einführung spezieller Online-Dienste für junge Menschen zu erwägen, mit dem Ziel, deren Bewusstsein für politische Themen zu vertiefen;

6. Der Kongress ruft die nationalen Gemeindeverbände seiner Mitgliedstaaten auf:

a. Internetverzeichnisse guter Praxis auf nationaler Ebene einzurichten;

b. die Gemeinden aufzufordern, rigorose methodologische Ansätze für die Einführung von E‑Demokratie-Anwendungen zu verabschieden;

B. EMPFEHLUNGSENTWURF[3]

1. Die Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien (ICTs) bietet den Gemeinden spannende neue Chancen, mit ihren Wählern in Kontakt zu treten und die Wirksamkeit und Transparenz ihrer Arbeit zu verbessern. Durch Einführen elektronischer Demokratieanwendungen (E‑Demokratie) können die Gemeinden die Mitwirkung und das Wählerengagement steigern und die Lebensqualität auf kommunaler Ebene verbessern.

2. Die Bürger nutzen verstärkt ICTs für die politische Mobilisierung und Debatte. Die Gemeinden müssen die durch diese neue Realität geschaffenen Chancen ergreifen, um mit der Entwicklung Schritt zu halten und die neuen Einrichtungen zu nutzen, die ihnen zur Verfügung stehen.

3. E-Demokratie, obwohl sie noch in den Kinderschuhen steckt, entwickelt sich in einem rasanten Tempo. Es gibt kein vorgegebenes Modell, das angenommen werden kann, aber es wurden bereits wichtige Lektionen gelernt und es gibt klar umrissene Grundsätze, die anzuwenden sind.

4. Die Stärke der Demokratie liegt im Grad der Mitwirkung am politischen Prozess. Die Nutzung von Technologie ist eine Chance, diese Mitwirkung auszuweiten. Es muss Sorge getragen werden, dass dies nicht gleichzeitig neue Gruppen marginalisierter Bürger schafft.

5. E-Demokratie ist vor allem eine Bewegung von unten, bei der die größte Aktivität auf lokaler Ebene stattfindet. Allerdings wirkt sich die Anwendung von Technologie auf die demokratischen Prozesse auf kommunaler Ebene auch auf die demokratische Praxis aller anderen Ebenen aus.

6. Der Kongress, angesichts des Vorstehenden:

a. unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des 2008 Forum for the Future of Democracy (Madrid, 17.-18. Oktober 2008),

b. unter Berücksichtigung der Arbeit des Council of Europe Ad Hoc Committee on Electronic Democracy (CAHDE),

c. unter Berücksichtigung seiner eigenen Berichte/Empfehlungen über E-Demokratie, vor allem:

-   Junge Menschen und neue Informations- und Kommunikationstechnologien: eine neue Chance für die lokale Demokratie [Entschließung 207 (2006)];

- E-Tools: eine Reaktion auf die Bedürfnisse der Gemeinden [Empfehlung 248 (2008) und Entschließung 266 (2008)];

- Elektronische Demokratie und direkte Mitsprache bei urbanen Projekten [Empfehlung 249 (2008) und Entschließung 267 (2008)];

- Die digitale Kluft und die E-Inklusion in den Regionen [Empfehlung 263 (2009) und Entschließung 282 (2009)],

d. unter Berücksichtigung der Empfehlung 1860 (2009) und der Entschließung 1653 (2009) der Parlamentarischen Versammlung über elektronische Demokratie;

7. Empfiehlt dem Ministerkomitee des Europarats:

a. das Madrider Forum for the Future of Democracy nachzubereiten und alle öffentlichen Stellen aufzufordern, auf allen Ebenen ICTs einzusetzen, um die Bürger zu konsultieren;

b. die von CAHDE begonnene Arbeit fortzusetzen, das Potenzial der E-Demokratie für die Verbesserung der Qualität der lokalen Demokratie zu prüfen und in diesem Bereich die Kapazität auszubauen und Initiativen der Zivilgesellschaft zu unterstützen;

8. Empfiehlt dem Ministerkomitee des Europarats, seine Mitgliedstaaten aufzufordern:

a. den positiven Beitrag zu erkennen, den E-Demokratie-Anwendungen in allen Bereichen der Kommunalverwaltung leisten können;

b. lokale Initiativen für E-Demokratie zu fördern und zu unterstützen;

c. die Gemeinden bei der Umsetzung der Empfehlungen, die in der begleitenden Entschließung über E-Demokratie enthalten sind, zu unterstützen, indem sie:

- den Gemeinden zentrale Dienste für Tools und Ressourcen bereitstellen;

- den Erfahrungsaustausch fördern;

- die Risiken und Hürden der E-Demokratie in angemessener Weise berücksichtigen und gute Praktiken für die Gemeinden entwickeln, diese Risiken und Hürden zu handhaben;

d. die Europäische Woche für lokale Demokratie einzusetzen und neue E-Demokratie-Experimente zu fördern.

e. die Erforschung der potenziellen Gesundheitsrisiken, die mit der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien verbunden sind, insbesondere für junge Menschen, zu fördern.



[1] L: Kammer der Gemeinden / R: Kammer der Regionen

ULDG : Unabhängige und Liberaldemokratische Gruppe des Kongresses

EVP/CD : Gruppe Europäische Volkspartei – Christdemokraten des Kongresses

SOZ : Sozialistische Gruppe des Kongresses

NI : Mitglied, das keiner politischen Gruppe des Kongresses angehört.

[2] Vorentwurf der Entschließung und der Empfehlung am 2. März 2009 vom Ausschuss für Kultur und Bildung der Kammer der Gemeinden angenommen.

Mitglieder des Ausschusses :

I. Demchenko(Vorsitzende), A. Botnari, A. Bryggare, A. Cook, R. Della-Bianca, K. Dombrowicz, V. Eble,  A. Erzen, D. Ghisletta, J.A. Heddegaard, R.A. Hughes, A. Juhas, T. Kedziora, JP. Klein, A. Koopmanshap, V. Gebel, S. Luca, S. Medvedev, A. Nemcikova (Stellvertreterin: I. Babicova), J. Nilsson, H. Richtermocova, P. Russo (Stellvertreter: L.Valaguzza),  W. Schuster, M. Sidukhina (Stellvertreter: V. Belikov), G. Spartanski, JL. Testud, C. Tovar Rodriguez, K. Virvidakis.

N.B. : Die Namen der MItglieder, die an der Abstimmung teilgenommen haben, sind kursiv gedruckt.

Sekretariat des Ausschusses: A. Bartling and T. Lisney

[3] Siehe Fußnote 2